GEO Special, Dezember 2007 zurück zur Übersicht
Das Vermächtnis der fremden Teufel
Vor einem Jahrhundert entbrannte unter Forschern ein erbitterter Wettlauf um die Schätze der Seidenstraße. Was folgte, waren Sternstunden der Archäologie, aber auch Diebstähle unerhörten Ausmaßes. Erst heute scheint Versöhnung möglich zu sein - im Internet
Berlin, Unter den Linden, ein Zimmer im Erdgeschoss der Staatsbibliothek. Im gleißenden Licht einer Fotolampe rücken Hände in Baumwollhandschuhen ein fragiles Stück Papier auf einem gläsernen Tisch zurecht. So zart ist das winzige Fragment einer Schriftrolle mit fremdartigen, von farbigen Zeichnungen umrankten Lettern, dass die Finger nach einer Pinzette greifen und es unendlich behutsam fixieren müssen. Ein Moment der Stille, dann wird ein Fotoapparat ausgelöst.
Was hier mit Hingabe fotografiert und in Sisyphusarbeit zusammengesetzt wird, ist etwas ganz Großes. So groß und geheimnisvoll, dass Männer vor einem Jahrhundert in einem Wettlauf ihr Leben riskierten, um es zu ergründen.
Männer wie der ungarisch-britische Archäologe Aurel Stein, der im Dezember 1906 durch die Wüste des Todes zieht. Die Takla Makan, in der, wie Stein glaubt, besonders kostbare Schätze zu heben sind. Frostkalter Nordostwind zerrt an seiner Karawane: 45 Männer, 21 Kamele, 30 Esel. Die Tiere schleppen das Trinkwasser als koffergroße Eisblöcke durch ein schier endloses Meer aus Geröll und Sand. "Welch trostlose Wildnis, überall spürt man den Hauch des Todes", notiert Stein, als er das Tarimbecken durchquert, auf der Südroute der alten Seidenstraße, tief im Westen Chinas.
Stein hat es eilig. Andere europäische Forscher sind ihm dicht auf den Fersen. "Die Deutschen jagen meist in Rudeln", schreibt er an einen Freund. Kurz vor der versunkenen Stadt Loulan, rund 300 Kilometer westlich von Dunhuang, sorgt er sich: "Wie Sie sich vorstellen können, ist es ein beunruhigender Gedanke, den Franzosen dort zu treffen." Er meint den Sinologen Paul Pelliot, der sich ebenfalls anschickt, der Wüste ihre Geheimnisse zu entreißen.
Als Aurel Stein am 12. März 1907 in einem tosenden Wüstensturm Dunhuang erreicht, ahnt er noch nicht, dass ihm dort der größte Triumph seines Lebens gelingen wird.
Stein forscht nach Zeugnissen der reichen buddhistischen Kultur entlang der Seidenstraße, geronnen zu Schrift und Bild; auf Papier, Palmblättern oder Pergament. Denn auf den Handelspfaden fanden auch Glaubenssysteme ihren Weg nach Osten. Manichäer wanderten aus dem Nahen Osten ins Tarimbecken und predigten dort ihre Lichtreligion, Nestorianer gründeten christliche Gemeinden. Vor allem aber sind es Buddhisten, die ihre Botschaft in den Seelen der Wüstenbewohner verankern können.
Ihre Heilslehre sickert von Indien durch das Gebiet des heutigen Afghanistan über Sogdien (die heutigen zentralasiatischen Länder) durch das Tarimbecken ins alte China. Rund 700 Jahre nach der Religionsgründung lässt sich im Jahr 148 n. Chr. mit An Shih-kao der erste buddhistische Mönch in Chinas damaliger Hauptstadt Luoyang nieder. Er übersetzt sakrale Texte aus dem Sanskrit ins Chinesische und macht seinen Landsleuten den neuen Glauben zugänglich.
Zu diesem Zeitpunkt ist der Buddhismus in den Oasenstädten am Rand der Takla Makan längst bekannt. Reisende aller Art hinterlassen dort jene Kostbarkeiten, die europäische Abenteurer später zu finden hoffen: Kaufleute führen buddhistische Schriften mit sich, suchen darin von Todesangst gepeinigt Beistand, wenn ihnen fauchende Sandstürme die Luft zum Atmen nehmen. Mit indischen Missionaren ziehen Bildhauer und Maler, die heilige Sutren in Statuen und farbprächtige Gemälde übersetzen.
Sprachkundige bauen ihrerseits kulturelle Brücken und verteilen Handschriften in vielen Sprachen.
Mächtige Klöster entstehen in den Oasen von Khotan (heute Hotan), Kuqa, Loulan; vor allem aber dort, wo sich die Pfade der Seidenstraße kreuzen. Wo die Reisenden den heißen Wind im Gesicht spüren und ein letztes Mal Beistand suchen vor der großen Wüstenquerung oder wo sie im Gegenzug Danke sagen, weil die Wüste ihnen das Leben ließ. In Dunhuang etwa, einem Außenposten des chinesischen Reiches. Dort erschaffen Mönche ab dem 4. Jahrhundert mit den Mogao-Grotten den größten Felsentempel Zentralasiens: die "Höhlen der tausend Buddhas".
Genau von diesen Höhlen hat Aurel Stein gehört. Mit einem Dolmetscher reitet der Brite am Morgen des 16. März 1907 von Dunhuang aus los. Was er 25 Kilometer südöstlich entdeckt, lässt sein Herz höherschlagen: In einem Wüstental, hinter dem gefrorenen, von Pappeln gesäumten Fluss Dang, erhebt sich eine knapp 1600 Meter lange Felswand. "Eine Vielzahl dunkler Höhlen durchlöchern den Fels wie einen Bienenstock", schreibt Stein. "Die Höhlen waren wirklich bewohnt, nicht von buddhistischen Einsiedlern, sondern vom Erleuchteten selbst." Stein erklettert die Felswand und taucht ein in ein Reich der Farben, das Maler in Hunderte, zum Teil haushohe Höhlen gezaubert haben: Zarte weibliche Figuren drehen sich in sakralem Tanz, Hochzeiten werden gefeiert. Auch weit profanere Szenen sind in den Gemälden gebannt: Räuber bedrohen Reisende, Bauern pflügen ihre Felder im Regen. Es ist die bildgewordene Geschichte des Landstrichs, den Stein unter Qualen durchquert hat.
Doch nicht diese berauschenden Bilder bescheren Stein schließlich den Triumph. Von einem Händler in Dunhuang bekommt er den Tipp, dass lediglich eine der Höhlen die eigentliche Sensation bergen soll. Stein sucht wie elektrisiert und hat zwei Monate später den Zugang zu jenem Gewölbe gefunden: "Was ich zu Gesicht bekam", schreibt er, "ließ mich die Augen aufreißen. Übereinandergeschichtet, aber ungeordnet, erblickte ich im trüben Licht der kleinen Lampe" einen etwa drei Meter hohen Berg aus gebündelten Handschriften, der, wie spätere Messungen ergaben, ein Volumen von fast 15 Kubikmetern hatte.
Aurel Stein steht in der sagenhaften Bibliothek der Mogao-Grotten: Knapp 50 000 längst verloren geglaubte Schriftrollen lagern dort wie aufgetürmte Holzscheite, unversehrt von Staub und Feuchtigkeit, seit über 1000 Jahren. Allerdings werden sie bewacht von einem kleinen, ängstlichen Mönch namens Wang Yuanlu. Wang selbst war erst sieben Jahre zuvor bei Restaurierungsarbeiten auf die Höhle gestoßen und will seinen Schatz nun nicht einfach herausgeben. "Der wunderliche Geistliche mit seiner seltsamen Mischung aus frommem Eifer, naiver Unwissenheit und hartnäckiger Zielstrebigkeit", wie Stein ihn beschreibt, lässt sich auch mit Geld nicht locken.
Stein erkennt: "Dieser Mensch ist nicht einfach zu handhaben." Was er nicht ahnt: Es ist reiner Zufall, dass er seinem Ziel überhaupt so nahe sein darf und als erster Europäer die Bibliothek zu Gesicht bekommt. Denn knapp zwei Jahre zuvor haben seine Kontrahenten eine Münze geworfen - die sie in die falsche Richtung führte.
Es handelt sich um die Archäologen vom Völkerkundemuseum Berlin. Auch sie teilen das erwachende Interesse Europas an der buddhistischen Kultur Ostturkestans. Einer Kultur, die untergeht, als ab dem 8. Jahrhundert der Islam in die Wüstenoasen der Takla Makan einzieht; die in den Jahrhunderten danach verschwindet durch Bilderstürmerei und die immerwährende Macht des Sandes.
Zunächst sind es politische Gründe, die Ostturkestan wieder in den Fokus europäischen Interesses rücken. Mitte des 19. Jahrhunderts liegt Zentralasien wie ein Puffer zwischen zwei Weltreichen, die beide darauf bedacht sind, ihre Einflusszonen auszudehnen: das Britische Empire und das zaristische Russland.
Die Russen kaufen sich Spione in den Oasen. Die Briten senden indische Kundschafter aus, die das Land vermessen und kartographieren sollen. Diese tarnen sich als buddhistische Pilger. Mit den Perlen ihrer Gebetsketten zählen sie ihre Schritte und bestimmen auf diese Weise Distanzen; in ihren Sutrarollen verbergen sie Tagebücher. Die falschen Mönche sind die Ersten, die buddhistische Handschriften in der Wüste entdecken und schließlich an europäische Museen weiterreichen.
Zunächst zögern Forscher aus Europa noch mit eigenen Expeditionen. Zu gefährlich erscheint die Reise. Das ändert sich, als der schwedische Geograf Sven Hedin 1895 während seiner ersten Expedition die Takla Makan durchquert, dieses Kunststück Anfang des 20. Jahrhunderts wiederholt und dabei reiche Beute mit nach Europa bringt. Er gibt den Startschuss zum Wettlauf um die Schätze der Seidenstraße. Ein erbitterter Kampf zwischen Archäologen entbrennt, der die Deutschen zu Aurel Steins härtesten Widersachern macht.
Dabei wählen Albert Grünwedel, Direktor der Indischen Abteilung des Berliner Völkerkundemuseums, und seine Begleiter zunächst einen anderen Weg als Stein: die Nordumgehung der Takla Makan. Ihr Ziel ist Turfan, der einstige Knotenpunkt am Fuße des Tian-Shan- Gebirges. Bis März 1903 füllen sie dort 46 Kisten mit Manuskripten, Wandmalereien und Lehmfiguren. Kaiser Wilhelm II. ist so begeistert, dass er eine zweite Expedition finanziert, wieder in das Gebiet um Turfan.
Erneut ist der Orientalist Albert von Le Coq, Sohn eines Weinhändlers, dabei, und mit ihm zieht Theodor Bartus, ein ehemaliger Seemann, der mit den Einheimischen plattdeutsch zu sprechen versucht. Grünwedel ist krank, er soll nachkommen - ein Umstand, der die Deutschen um den Sieg bringen wird.
Bartus und Le Coq reiten nach Xoqo (chinesisch Gaochang), eine Ruinenstadt 46 Kilometer südöstlich von Turfan, wo sie im November 1904 eintreffen. Dort, in der Turfansenke, schnellt die Temperatur flugs auf 50 Grad hoch, die Forscher leiden unter juckendem Hautausschlag. Flöhe, Läuse und Spinnen bedrängen sie nachts auf ihren Korkmatratzen. "Wenn man morgens aufwachte und solch ein Tier einem auf der Nase saß, mit den großen Augen hinabstierte und mit den Fühlern nach den Augen des Opfers suchte, so packte einen ein unwillkürlicher Ekel", schreibt Le Coq in seinen Reiseerinnerungen.
Sie arbeiten ohne Unterlass, denn auf die mit vielfarbigen Gemälden verzierten Lehmziegel der Tempel, denen ihr Interesse gilt, haben es auch die Oasenbewohner abgesehen. Freilich zu anderen Zwecken: Die Bauern nutzen die historischen Artefakte als willkommenen Dünger für ihre Felder. Zudem leiten sie Wasser quer durch die Ruinenstadt, die deshalb peu à peu zu Klump zerfällt.
Die beiden Deutschen bergen Manuskripte in 24 Schriften und 17 Sprachen. Von manchen Idiomen hat man noch nie gehört. Doch Le Coq bleibt unzufrieden. Ihn erreichen Briefe aus Deutschland, der Kaiser erwarte eine "riesenhafte Menge" auch an Wandgemälden und Skulpturen. Und so wenden sich die Deutschen schließlich im März 1905 Bezeklik zu, einem verfallenen Felsenkloster, wie Dunhuang in das Kliff an einem Fluss gehauen. Dort endlich finden Le Coq und Bartus, was den Kaiser freuen wird: Wände mit Buddha-Darstellungen, eine jede vier Meter hoch und in so frischen Farben, als hätte ein Maler sie soeben vollendet. "Wenn wir diese Bilder retten konnten", schreibt Le Coq, "war der Erfolg der Expedition gesichert." Mit einem scharfen Messer zertrennt Theodor Bartus in schweißtreibender Arbeit den Wandverputz aus Lehm, Kamelmist und Häcksel. Dann schlägt er ein Loch, setzt die elastische Fuchsschwanzsäge an und schneidet die großen Bilder in fenstergroße Stücke. Sie werden zwischen dicken Schilfrohrbündeln in Kisten verpackt, ummantelt mit Filz und Baumwolle. Wieder zusammengefügt, werden sie nach 20-monatiger Reise im Berliner Völkerkundemuseum einen ganzen Saal füllen.
So arbeiten sich Le Coq und Bartus durch die versandeten Oasen bei Turfan, bis sie im August 1905 vor der Hitze ins höher gelegene Hami fliehen. Mittlerweile hat Le Coq von der sagenhaften Bibliothek gehört. Er will sofort nach Dunhuang reiten - da erreicht ihn Ende August ein Brief aus Berlin. Grünwedel kündigt seine Ankunft an und möchte am 15. Oktober im mehr als 1500 Kilometer entfernt liegenden Kaschgar abgeholt werden.
Le Coq weiß: Sein Chef wird einem Ausflug nach Dunhuang niemals zustimmen. Also muss er vor der Ankunft Grünwedels dorthin. 17 Tage zu Pferd hin und 17 Tage zurück, rechnet er. Unmöglich, Grünwedel dann noch pünktlich abzuholen. "Ich überließ daher, in ziemlicher Verzweiflung, die Lösung der Frage dem Schicksal", schreibt Le Coq später, "indem ich einen chinesischen Taler in die Luft warf: Kopf gewinnt, Schwanz verliert." Der Schwanz liegt oben, Le Coq reitet sofort nach Kaschgar. Er wird Dunhuang niemals sehen.
So kommt es, dass Aurel Stein im Mai 1907 als Erster mit dem Mönch Wang Yuanlu um die Bibliothek verhandeln kann. Stein schickt seinen Dolmetscher vor, er selbst spricht kein Chinesisch. Zögernd rückt Wang die ersten Rollen heraus. Dann jedoch sammelt er sie plötzlich wieder ein, er wird von Zweifeln geplagt. Der Zufall kommt Stein erneut zu Hilfe, als Wang ihm ein Wandgemälde mit der wundersamen Reise des buddhistischen Pilgers Xuanzang zeigt.
Stein nutzt die Gelegenheit, um sich ebenfalls als Bewunderer Xuanzangs auszugeben, und Wang gewinnt tatsächlich Vertrauen. Als ihm Stein schließlich verspricht, die Schriftrollen in einen "Tempel des Lernens" zu bringen, gibt der Mönch seinen Widerstand auf. Ende Mai überlässt er dem Fremden 7000 vollständige Texte und 6000 Fragmente: darunter auch eine Fassung jenes Diamant- Sutras, das als erstes Buchdruckerzeugnis der Menschheitsgeschichte gilt. Stein füllt umgehend 29 Kisten - und schickt seinen Schatz wie versprochen zu einem Tempel des Lernens: an die British Library in London.
Damit ist der Kampf um Dunhuang zugunsten des Briten entschieden - das Rennen um die Schätze der Seidenstraße aber hat bis heute keinen eindeutigen Sieger. Zwar gelingen Aurel Stein die spektakulärsten Funde, doch seine Konkurrenten liegen dichtauf. Die Deutschen um Grünwedel und Le Coq graben weiter in den Oasen um Turfan, bis 1914 rüsten sie vier Expeditionen aus und schaffen insgesamt 433 Schatzkisten nach Berlin. Sie entdecken seltene manichäische Manuskripte, in Kyzil stoßen sie in unberührten Höhlen auf vollkommene Bilder hellenistischen Stils - allerdings erst, nachdem Le Coq eine drei Zentimeter dicke Schimmelschicht mit chinesischem Schnaps abwäscht, was ihm Kopfschmerz und Fieber bereitet. Die französische Expedition um Paul Pelliot widmet sich unterdessen Kuqa und erreicht Dunhuang im Frühjahr 1908, wo Wang auch Pelliot zwei große Stapel mit 6000 Manuskripten überlässt. Die Japaner entsenden bis 1910 drei erfolgreiche Expeditionen.
Nur der Verlierer dieses Wettlaufs europäischer Forscher steht eindeutig fest: China. Zu lange lassen die Chinesen die ausländischen Forscher gewähren. Als das Land sich schließlich in den 1920er Jahren über die "fremden Teufel" zu erzürnen beginnt und weitere Expeditionen unmöglich macht, sind seine Schatzkammern an der Seidenstraße fast leer geräumt.
Der Verlust ist unersetzlich. Denn vieles, was sich für Generationen sicher unter Sand verbarg, übersteht das 20. Jahrhundert nicht: Siebenmal prasseln Fliegerbomben der Alliierten im Zweiten Weltkrieg auf das Völkerkundemuseum im Zentrum von Berlin; auch die von Theodor Bartus so mühsam abgelösten Wandmalereien aus Bezeklik werden von den Detonationen zerschmettert. Nach Kriegsende schleppen russische Soldaten aus einem Schutzbunker am Berliner Zoo zudem kistenweise Lehmskulpturen davon. Das Völkerkundemuseum verliert über die Hälfte aller Turfan-Exponate, sie gelten heute als verschollen.
Aurel Steins Textfunde lagern zum größten Teil in den Depots der British Library. Uneinsehbar für Besucher, in Schränken mit Luftfiltern und Temperaturfühlern verschlossen. Skulpturen und Malereien sind in den Magazinen des British Museum verschwunden. Lückenhafte Inventarlisten, nicht abzugleichende Katalogsysteme und nachlässige Beschriftungen haben ihr Übriges getan.
Was eigentlich zusammengehört, ist in alle Winde verstreut.
Und genau aus diesem Grund geht das Rennen der Forscher bis in die Gegenwart weiter. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Sie kämpfen nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander. Wie im Erdgeschoss der Berliner Staatsbibliothek tragen sie in Großbritannien, Russland, Japan oder China ihre fragilen Schätze behutsam in Fotolabore, bannen sie auf Farbdiafilm. Anschließend schneiden sie die Filmstreifen Bild für Bild auseinander und positionieren die einzelnen Exponate ein zweites Mal: auf digitalen Scannern, die jeden Fund sekundenschnell in eine unzerstörbare Pixelmasse verwandeln. Diese speisen sie schließlich in eine zentrale Datenbank ein: das "International Dunhuang Project".
Was seit wenigen Jahren in unvorstellbarer Fleißarbeit entsteht, ist eine virtuelle Seidenstraße unter http://idp. bbaw.de. Eine Plattform, die das Verstreute endlich wieder zusammenführt. Rund zwei Drittel aller Funde, etwa 50 000 Exponate, sind bereits digitalisiert. 400 weitere pro Monat stellen allein die deutschen Wissenschaftler im Internet zur Verfügung.
Dank der Datenbank, auf die täglich mehrere Zehntausend Menschen zugreifen, sind die Schätze der Seidenstraße für die Entdecker von heute nur noch wenige Mausklicks entfernt. Davon konnte Aurel Stein nicht einmal träumen.
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